
Stell dir vor, dein kompletter Funnel – Aufmerksamkeit, Entscheidung, Checkout – schrumpft auf den Bruchteil einer Sekunde zusammen. In diesem Augenblick präsentiert dir ChatGPT die passenden Produkte, während Visas neue KI-Karte schon die Rechnung begleicht. Die Spielregeln, nach denen wir jahrelang optimiert haben, ob Keywords, TKPs, Influencer-Reichweite, sind plötzlich nicht mehr gültig. Was künftig Bestand hat, hängt vielmehr davon ab, ob ein autonomer Agent etwas an deinem Shop erkennt, das wirklich einzigartig ist.
Wir haben 20 Jahre lang Pixel optimiert; jetzt trifft ein Bot die Kaufentscheidung, bevor auch nur ein einziger Pixel geladen ist.
1. Shoppen mit ChatGPT
Am 28. April 2025 hat OpenAI die Websuche durch ChatGPT gravierend verändert: Tippst du „beste Noise-Cancelling-Kopfhörer unter 200 €“ in den Chat, liefert dir der Bot jetzt Bilder, Live-Preise, Bewertungen und einen direkten Kauf-Link. Das Feature ist für alle Nutzer verfügbar, auch in der Gratis-Version, und ChatGPT verarbeitet bereits über eine Milliarde Suchanfragen pro Woche.
Wenn die Product-Discovery im Chat passiert, erscheinen SERPs wie das Telefonbuch von gestern.

Screenshot aus einer Unterhaltung in ChatGPT. Aus rechtlichen Gründen haben wir die Kaufempfehlungen unkenntlich gemacht.
2. Visa eröffnet Agenten den Zugang zur Bezahlwelt
Nur wenige Tage nach dem Update von OpenAI präsentierte Visa Visa Intelligent Commerce. Dabei handelt es sich um tokenisierte Karten – also digital verschlüsselt und KI-fähig. Ergänzt durch APIs ermöglichen sie autonomen Agenten, eigenständig zu bezahlen, während wir Menschen lediglich die Ausgabenlimits festlegen. Bei den ersten Launch-Partnern handelte es sich um OpenAI, Microsoft, Anthropic, Mistral, Samsung, Stripe und viele mehr.
Das bedeutet für uns: Der am schnellsten wachsende Store der Welt (ChatGPT) hat eine eigene Express-Kasse bekommen.
3. Bye bye SEO-Tricks und Influencer-Marketing
Wenn ein KI-Agent den gesamten Funnel von Aufmerksamkeit bis Kauf in einer einzigen Anfrage abbildet, verlieren klassische SEO-Taktiken und Influencer-Kampagnen an Bedeutung – sie wirken heute so veraltet wie MySpace. Entscheidend sind für den Agenten strukturierte Fakten: Produktspezifikationen, zugesicherte Lieferzeiten, verifizierte Kundenbewertungen. Backlinks und #Gifted-Posts (Influencer-Beiträge über kostenlose Produkt-Samples) spielen dagegen keine Rolle mehr.
Keyword-Dichte? Für den Agenten so unwichtig wie ein Faxgerät.
4. Warum „Einheits-Shops“ keine Zukunft haben
Die meisten Händler nutzen identische SaaS-Templates. Für einen KI-Agenten sind das austauschbare Kopien. In einer Zero-Click-Welt gewinnt der günstigste oder der schnellste Anbieter – alle anderen verschwinden in der Unsichtbarkeit. Das Ergebnis: ein Massenaussterben von Copy-Paste-Shops.
Wenn dein Shop aussieht wie alle anderen, herzlichen Glückwunsch – du bist jetzt nur noch eine Commodity-Zeile in einem JSON-Feed.
5. Shopping Experience als wichtiges Differenzierungsmerkmal
Ganz klar: Wenn deine Marke nichts bietet, was ein Agent als objektiv einzigartig erkennt – etwa exklusive Daten, die nur dir gehören, immersive 3D-Anproben, Co-Creation-Tools oder verbindlich zugesicherte Service-Standards – wirst du längst aus dem Entscheidungsprozess des Agenten verschwunden sein, bevor ein Mensch überhaupt deine Seite sieht.
Bots kaufen Notwendigkeiten, Menschen kaufen Geschichten. Baue daher eine Markenwelt, die mit Erlebnissen und Storytelling überzeugt – statt nur ein Lager voller Produkte zu sein.
Strategien zum Überleben im KI-Agenten-Zeitalter
Strategie | Warum der Agent das wichtig findet |
Agententauglicher Produkt-Feed | Strukturierte Produktspezifikationen, umfangreiche Attribute, Echtzeit-Bestände |
Tokenisierter Checkout | Visas KI-fähige APIs = reibungsloser Kaufprozess |
Unverwechselbares Erlebnis | Virtuelle Showrooms, Live-Konfiguratoren, von der Community verifizierte Handwerksqualität |
Nachhaltige Wettbewerbsvorteile & Proof Points | Nachhaltigkeits-Scores, Garantiedaten, eigene (First-Party) Telemetrie-Daten |
Füttere den Agenten mit Fakten, aber den Kunden mit Erlebnissen – das ist die Split-Brain-Strategie für die nächste Dekade.
6. Fünf pragmatische Schritte, die du jetzt angehen kannst
Veröffentliche den Product-Discovery-Feed von OpenAI – so stellst du sicher, dass ChatGPT & Co. deine Produktdaten direkt, aktuell und vollständig auslesen können – ähnlich wie früher mit der
sitemap.xml
, nur gezielt für Produkte.Integriere Visa Intelligent Commerce, damit Agenten ohne Umwege Transaktionen abwickeln können.
Tracke Mikro-Interaktionen (z. B. AR-Verweildauer, Schritte im Konfigurator) und mache sie über APIs zugänglich, damit auch KI-Agenten erkennen, welche Produkte besonders relevant oder beliebt sind.
Fokussiere deinen Content auf Intention statt auf Keywords – liefere Antworten, die ein Modell verarbeiten kann, nicht nur Headlines, die ein Crawler zählt.
Mach einen Stresstest deiner Gewinn- und Verlustrechnung – rechne durch, was passiert, wenn dein Shop 40 % weniger organischen Traffic bekommt und deine Marge um 10 % schrumpft. Wenn dein Geschäftsmodell das nicht überlebt, ist es Zeit, jetzt die Richtung zu ändern.
7. Agentic Commerce vs. Experience-Led Commerce – wo das echte Potenzial liegt

Schon heute erwarten Analysten: Bis 2030 kauft jede:r vierte Konsument über einen KI-Agenten ein. Bei Standardprodukten oder Nachfüllkäufen könnte es sogar jede:r Zweite sein.
Was wird automatisiert?
Automatisiert wird alles, was langweilig ist. Druckertoner, USB-C-Kabel, Kaffeekapseln fürs Büro. Hier zählt für den Agenten nur Preis, Versand und Garantie. Dein einziger Hebel sind saubere Daten und verlässliche Service-Standards.
Was bleibt menschlich?
Menschlich bleibt alles, was Emotionen weckt. Mode, Hobbys, Wohnideen, Feinkost, Innovationen im B2B. In diesen Bereichen geht es nicht mehr ums Gefundenwerden – sondern darum, unvergesslich zu sein.
Chancen-Perspektive | Praktische Schritte zur Umsetzung |
---|---|
Experience-Led Commerce (erlebnisorientierter Handel) | • Virtuelle/AR-Anproben, Live-Co-Design, digitale Zwillinge • Drop-Culture, Limited Editions, gestaffelte Mitgliedschaften |
Datenbasierte Differenzierung | • Eigene, einzigartige Attribute nutzen (Passform, Herkunft, Kreislauf-Score) • „Proof Points“ (Nachweise) über offene APIs bereitstellen, damit Agenten Claims verifizieren können |
Fan-First Economics (Fans im Zentrum der Wertschöpfung) | • CAC-Budget (Customer Acquisition Cost) in Loyalty-Engineering verschieben (NFT-Pässe, Upgrade-Credits) • Zusätzliches geistiges Eigentum monetarisieren: How-to-Kurse, virtuelle Collectibles |
Infinite Customisation (unendliche Personalisierung) | • On-Demand-Fertigung oder parametrisierte Produkt-Konfiguratoren • Dynamische Preise/Bundles in Echtzeit auf Mikro-Segmente zuschneiden |
Kurz gesagt: Lass die Bots den langweiligen Teil übernehmen. Du hingegen kannst dich auf Innovation, Design und Storytelling fokussieren – in den Teil des Handels, der Menschen begeistert. Die Agenten bringen dir den Cashflow aus Standardprodukten, während du mit Erlebnissen Herzen (und Margen) gewinnst.
Automatisierung bringt dir Umsatz, Erlebnisse bringen dir Fans. Um zu überleben, brauchst du beides: Geld und Gänsehaut.
8. Das Fazit
KI-Agenten übernehmen inzwischen sowohl Discovery als auch Payment. Die Kaufentscheidung fällt in einem Bruchteil einer Sekunde – und du wirst diesen Moment nie zu Gesicht bekommen. Deshalb gilt: Sorge dafür, dass die Daten, auf die Agenten zugreifen, unverwechselbar deine sind. Andernfalls landet der Auftrag beim Agenten deines Mitbewerbers.
Möchtest du die gesamte Zukunftsperspektive sehen? Dann wirf einen Blick in unser Agentic-Commerce-Whitepaper und erfahre, wie autonome Tools den gesamten Retail-Stack verändern.
Stay sharp, keep shipping. 🚀
— Stefan 🧑🚀🛒

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