Shopware Multichannel Connect
1 Minute Lesezeit

AI-Tools im Onlinehandel – Bereicherung oder Blödsinn? [Podcast-Folge]

AI-Tools im Onlinehandel – Bereicherung oder Blödsinn? [Podcast-Folge]

‚Dreimal digital‘ ist der Podcast für digitale Macher. Wiljo Krechting führt die drei Gäste Michael Atug, Marcus Diekmann und Stefan Hamann durch die aktuelle Folge und möchte wissen, welche Erfahrungen und Meinungen bei den drei E-Commerce-Profis zum Thema "Künstliche Intelligenz" vorherrschen. So viel darf schon mal verraten werden: Die drei Macher gehen davon aus, dass die Gesellschaft und der Handel sich durch AI vehement verändern werden. Lies dir hier das Transkript durch oder klicke weiter unten auf den Play-Button der Podcast-Folge, um mehr zu erfahren.


Schnell zur passenden Stelle springen:


Teilnehmer dieser Folge:

  • Wiljo Krechting als Moderator

  • Stefan Hamman, Shopware Co-Founder und Co-CEO

  • Marcus Diekmann, Enterprise Evangelist bei Shopware & Gesellschafter und Beirat bei ROSE Bikes

  • Michael Atug, Gründer und Geschäftsführer der MAW Werkzeuge GmbH

Das Transkript zur Podcast-Folge „AI Tools im Onlinehandel“

Zugunsten einer besseren Lesbarkeit haben wir das Transkript minimal überarbeitet, Sinn und Inhalt der Aussagen dabei aber nie verändert.

Wiljo: Moin, hallo und servus. Willkommen zu einer weiteren Ausgabe nach der Sommerpause unseres Podcasts ‚Dreimal digital‘. Schön, dass ihr alle wieder dabei seid. Heute geht es um das Thema künstliche Intelligenz – das Trendthema des Jahres. Wir möchten uns abseits des Hypes um ChatGPT und allen anderen Applikationen, die es momentan auf dem Markt gibt, kritisch mit der Frage auseinandersetzen: Wie sinnvoll ist AI für Onlinehändler, hat es tatsächlich Mehrwerte oder ist es nur eins von vielen weiteren Buzzwords aus den letzten Jahren?

Dazu begrüße ich heute in voller Besetzung Stefan Hamann, Michael Atug und Marcus Diekmann. Wie geht es euch heute?

Stefan Hamann: Moin.

Michael Atug: Sehr gut.

Marcus Diekmann: Ja, super gut.

Wiljo: Ihr habt gehört, es geht heute um AI, Artificial Intelligence oder KI, künstliche Intelligenz. Wer von euch hat bisher Berührungspunkte mit AI-Applikationen gehabt?

Stefan Hamann: Ja, ich seit ungefähr 10 Jahren. Ich interessiere mich total für das Thema und wenn ich mir vorstelle, ich glaube es war bei der DMEXCO 2016, wo AI schon ein großes Heads-up-Thema von dem ganzen Event war. Da hatte ich noch den Eindruck, das ist komplett in der Marketing-Ecke versandet, also jeder hat sich das auf die Brust geschrieben, ohne dass es tatsächlich aus der Mehrwert- und Outcome-Perspektive schon das leisten konnte, was sich die Leute darunter vorgestellt oder auch versprochen haben. Und das hat sich jetzt in den letzten Jahren massiv verändert.

Es startete ungefähr 2018/2019, insbesondere natürlich mit den Dingen, die aus der Richtung Open AI entwickelt worden sind und vorgestellt worden sind (also DALL·E zum Beispiel, diese Bildgenerierung oder eben GPT-2, GPT-3, also die Vorläufer-Generationen von ChatGPT) – da ist sozusagen dieser ganze Trend in Richtung Generated AI entstanden und seitdem hat sich das mit astronomischer Geschwindigkeit weiterentwickelt. Also auch weiterentwickelt aus der Perspektive, dass man in den unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Industrien tatsächlich sinnvoll ansetzen kann. Ich habe den Eindruck, in der Vergangenheit war es zum Beispiel sehr viel Statistik und sehr, sehr technisch und sehr, sehr speziell. Und jetzt kommen wir mehr und mehr in eine Generation von AI-Modellen, die deutlich breiter und pragmatischer einsetzbar ist.

Natürlich kam der Knaller Ende letzten Jahres mit ChatGPT, der so mainstream-mäßig nochmal die ganze Welt auf diese Entwicklung aufmerksam gemacht hat. Und ich glaube, das ist, was viele Menschen oft unterschätzen: die Geschwindigkeit, in der diese Themen ab jetzt oder auch schon in der Vergangenheit iterativ weiterentwickelt werden.

Diese ganzen AI-Modelle leben von Daten und dadurch, dass viele Menschen das in der Breite nutzen, entstehen primäre Daten. Dadurch werden die Modelle beim nächsten Training noch besser und auch noch effizienter. Das heißt, man hat auf der einen Seite auf der Kostenebene einen Trend, der nach unten geht. Es wird im Prinzip günstiger, diese Modelle auch on-scale einzusetzen. Und auf der anderen Seite werden die qualitativ immer besser. Und das ist ja lange nicht mehr nur auf Text beschränkt, sondern man kann sich im Grunde fast alle Domänen anschauen und überall findet man schon sehr, sehr starke und sehr, sehr gute einsetzbare Modelle.

Wiljo: Also ist das Ganze mittlerweile in der Evolution von einer Spaßveranstaltung zu einem wirklichen Einsatzgebiet auch für die Industrie geworden?

Stefan Hamann: Ja genau, keine Spaßveranstaltung. Ich sage mal, viele Unternehmen haben das eher mit so einer Marketing-Etikette betrachtet, immer, wenn irgendjemand versprochen hat, unser Produkt ist AI-optimized oder enhanced oder was auch immer. Wenn man dahinter geguckt hat, dann waren es halt meistens simple Statistiken oder sowas, oder linearer Forecast oder irgendein Quatsch, der nichts mit AI zu tun hat. Ich glaube, das hat sich auf jeden Fall verändert. In der Vergangenheit gab es aber in der Industrie zum Beispiel schon unzählige Einsatzwecke, Bilderkennung zum Beispiel, was ja auch schon vor zehn Jahren sehr gut funktioniert hat. Also ich sage mal, dass das wirklich einen praktischen Nutzen hat, das ist jetzt keine vollständig neue Entwicklung. Ich würde eher sagen, dass man das in der Breite und in der Qualität nutzen kann. Das ist sozusagen der eigentliche Mehrwert, der jetzt seit zwei bis maximal drei Jahren immer mehr zum Gegenruf kommt.

Wiljo: Michael, nutzt du das schon?

Michael Atug: Also wir haben schon zum Beispiel mit Midjourney und Chat-GPT ein bisschen Content erstellt. Wir haben auch schon mal ein bisschen rumgecodet damit. Ich weiß, dass Stefan da schon lange ganz tief in dem Thema drin ist. Deswegen fand ich seine Ausführungen gerade natürlich sehr interessant. Wir sind da nicht so tief drin. Ich persönlich bin da auch jetzt noch nicht mal aus ethischen Gründen oder so nicht so hinterher, sondern ich überlege mir auch gut, welche Themen ich überhaupt noch spielen kann und was mich auch antörnt, sage ich mal. Aber wie gesagt, da sind wir, was uns als Onlinehändler angeht, auf jeden Fall schon ein bisschen am rummachen und auch ganz erfolgreich und ganz gut.

Aber man muss schon generell sagen, dass die Prompts halt echt gut formuliert sein müssen. Also eigentlich schon fast haargenau, weil sonst kommt da im Prinzip nichts Gescheites dabei raus. Oder ich sage mal so, ich sage mal gerne dieses Wort 'gefährliches Halbwissen' und das ist dann auch ein bisschen blöd. Aber ja.

Wiljo: Marcus, du hast ja Einblicke in viele verschiedene Unternehmen. Wie weit ist AI schon in deutschen Unternehmen verbreitet?

Marcus Diekmann: Das muss man natürlich differenzieren, gerade auf den Handel jetzt bezogen. Ich würde mich jetzt auf den Handel hier fokussieren oder auch auf die Coaching-Szene. Ich berate ja auch IntuMind, Mareike Awe, vor allem vor diesem Hintergrund. Und das ist mega spannend zu sehen.

Ich habe mir zum Beispiel ChatBox runtergeladen. Das ist einfach irgendeine blöde Chat-App mit künstlicher Intelligenz und ich finde das so krass: Du kannst ihr einfach alle Fragen stellen – zack, du kriegst wirklich auf alle eine Antwort. Zum Beispiel: Wie kann ich anfangen, gutes Jogging-Training aufzubauen? Was kann ich am Wochenende für eine Unternehmung machen? Du kannst die wildesten Fragen stellen, du kannst damit auch diskutieren und du kriegst alles.

Und sind wirklich krass sinnvolle Antworten. Und ich habe wirklich zig Sachen gecheckt. Ich habe das sogar in Hinblick auf Rechtsverstöße getestet. Zum Beispiel war heute morgen ein Bekannter von mir war da, Norbert vom Ausländeramt in Coesfeld. Und er sagte mir, das kann mir helfen. Das kam durch Zufall, weil ich ihm die ChatBox gezeigt habe. Und er sagte, er kümmere sich um einen syrischen Ausländer, der wäre jetzt mit 1,7 Promille erwischt worden. Was bedeutet das eigentlich für ihn?

Früher hätten wir einen Anwalt angerufen, haben das da eingegeben und zack, haben wir wirklich detailliert mit Alternativen, was das bedeuten könnte und im Detail das alles erklärt bekommen. Du brauchst keinen Anwalt, du musst es nicht googeln und aus 10 Links das selber irgendwie zusammensuchen. Das hat das Tool alles für dich gemacht.

Und das finde ich wirklich krass, weil wenn man mal überlegt, wie viele Unternehmen im Handel, 50, 100 oder noch mehr Leute im Customer Care beschäftigen (oder 10, wenn es kleiner ist, ganz egal). Und sagen wir mal, Wissenstransfer, also die Leute immer fit zu machen und mit Informationen auszustatten – das ist manchmal schwieriger, als es einfach mit künstlicher Intelligenz nachzubauen. Und ich meine, 75 Prozent aller Chat-Anfragen sind ja jetzt keine High-End-Anfragen, wo ich wirklich den perfektesten Verkäufer oder Verkäuferin haben muss. Das sind ja generalistischere Anfragen. Bis hin zu sowas wie: Für wen eignet sich ein Gravel-Bike? Das kann alles schon wunderbar eine künstliche Intelligenz beantworten – und zwar in Sekundenschnelle und ich kann das daraufhin auch noch optimieren. Bis zur Produkttexterstellung, bis zum Rendering …

Ich habe mir jetzt gerade mal aus Spaß bei ChatBox probeweise die ersten LinkedIn-Texte erstellt. Da muss ich sagen, das passt natürlich nicht genau zu meinem Stil, aber ich meine, das wird ja auch noch alles optimiert, weißt du? Wenn ich mir vorstelle, wie krass das ist, was ich damit in Sekundenschnelle machen kann. Also ich bin ein riesiger Fan!

Und ich habe mit Tim Böker (mit dem habe ich Shopmacher, Commerz und ROSE Bikes gemacht) gestern Abend schon über WhatsApp geschrieben und ihm gesagt: „Wir müssen eigentlich mal Stefan Hamann anrufen. Eigentlich müssen wir jetzt schnell eine Firma noch gründen, wo wir diese ganzen Services für Händler – künstliche Intelligenzangebote vom Chat bis zur Texterstellung – alles in so einer eigenen kleinen Firma anbieten müssen. Weil da ist so ein großer Markt“.

Und der letzte Punkt, dann höre ich auch auf zu reden: Es ist so krass, eine meiner dümmsten Sachen war so 2005/2006. (Ende 2004 habe ich Stefan Hamann kennengelernt.) 2006 dachte ich: „Was für ein Idiot ist Stefan?“ Obwohl ich riesig begeistert war, weil er mir von Open-Source-Entwicklung erzählt hat. Und ich so: „Achso, dann entwickeln andere für dich Software und du stellst die Software wieder Dritten zur Verfügung für lau? Was soll das denn für ein Scheiß?“ Ich kam aus der harten BWL und dachte, was ist das denn für ein scheiß Geschäftsmodell? Habe ich nicht kapiert. Aber drei Jahre später habe ich das dann verstanden. Und kam diese Welle, Open-Source, diese ganze Power, diese ganze Kraft, das Ganze, was aus Open-Source generiert werden konnte. Einfach mega!

Dann kam die Welle natürlich da auch schon hoch: Onlinehandel. Dann habe ich gesehen, was im Handel passiert ist. Nach der Open-Source-Erfahrung, habe mir gesagt: „Ab jetzt verpasse ich nie wieder was.“ Ich gebe euch immer tiefstellige Themen ein und gucke, was es ist. Dann hat der Handel E-Commerce verschlafen. Dann hat er Social verschlafen. Er ist überall immer zu spät auf den Zug aufgesprungen und jetzt verschläft er … (und dann beantworte ich damit deine Frage)… jetzt verschläft er künstliche Intelligenz. Und dann sagst du: „Das gucken wir uns erstmal alles an“. Ich würde wirklich sofort damit anfangen und sagen: „Tut mir leid. Zehn Leute beschäftigen sich ratzfatz nur noch damit, was das alles bei uns bringen kann.“

Wiljo: Marcus, du hast im Prinzip schon die Tür aufgemacht zum nächsten Thema. Du hast ja gerade schon erwähnt: „Warum gründet man nicht eine Firma, wo man alle Einsatzbereiche einer künstlichen Intelligenz für Händler zusammenfasst und als Dienstleistung anbietet?“ Stefan, was sind denn konkret Einsatzbereiche, wo der Händler durch eine AI Unterstützung erfahren könnte?

Stefan Hamann: Also ich glaube, dass man die Frage fast anders formulieren muss. Nämlich: Welche Bereiche können davon nicht profitieren? Zum Beispiel, wenn man mal ganz am Anfang anfängt und über Datenhygiene nachdenkt. Es ist nach wie vor ein großes Problem im E-Commerce, dass Daten einfach nicht konsistent gepflegt sind, dass zum Beispiel Produkteigenschaften nicht vollständig oder gar nicht gepflegt werden oder dass die Kategorisierung nicht optimal und durchgängig ist oder, oder, oder, oder. Da kann jeder Onlinehändler Geschichten von erzählen und Datenhygiene ist nach wie vor eines der großen Probleme im E-Commerce.

Und das ist beispielsweise ein Thema, was man heute auch schon in Shopware machen kann. Also automatisch aus einer Produktbeschreibung ein Attributssystem entwickeln und das sozusagen konsistent über eine ganze Kategorie durchziehen, so dass das System checkt: welche Attribute, also Produkteigenschaften, sind schon gesetzt, welche fehlen theoretisch, und dann schaut, ob er die Informationen aus der existierenden Produktbeschreibung extrahieren kann. Das ist auch schon ein ganz cooles Beispiel, wie ich finde.

Übersetzung ist ein anderes Beispiel. Also auch das ist ja nicht vollständig neu. Die Bibel kennt sicher auch fast jeder. Ja, das hat schon eine sehr, sehr, sehr gute Übersetzungsqualität. Aber sowas on-scale zu machen, eben auf dem ganzen Produktdatenstamm mit ein paar hunderttausend Produkten, ich sag mal, dass sowas in Anführungszeichen mal eben geht, ist glaube ich auch eine relativ neue Entwicklung und das allein ist ja ein super Effizienz- und Produktivitätsgewinn, wenn ich eine Sache, die mich vorher vielleicht Zehntausende von Euros gekostet hat, eben über eine API oder direkt in Shopware integriert mit einem Knopfdruck anstoßen kann und dann zwei Stunden später das Ergebnis bekomme. Und ja, natürlich ist das vielleicht an einigen Stellen nicht hunderttausendprozentig perfekt, aber da würde ich sagen, das wäre auch bei den menschlichen Übersetzern wahrscheinlich nicht hunderttausendprozentig perfekt. Also alles, was mit Texten zu tun hat.

Und man kann natürlich, was Marcus gerade meinte, das ganze Thema Customer Support angehen, das sind diese Themen. Man kann Large Language Models oder sowas wie Chat-GPT auch fine-tunen. Also man könnte im Prinzip hingehen und die komplette Support-Korrespondenz der letzten Jahre als Input hochladen, sodass das System den Stil und auch die Informationen und Fragen kennt, die so, ich sag mal, in dem jeweiligen Business einfach häufig gestellt werden. So, und dann ist das System in der Lage auch neue Fragen entsprechend adäquat zu beantworten. Wenn man das dann auch rückkoppeln mit einer Bewertungsfunktion, dass also der Kunde die Antwort bewerten kann, dann hat man, glaube ich, schon in sich geschlossen ein System, was sehr, sehr gut funktioniert.

Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, solche Modelle oder Systeme jetzt komplett ohne eine Art von menschlicher Zuarbeit oder Kontrolle zu planen. Ich glaube, das ist nach wie vor ein Thema, wo es eher darum geht, Menschen und Maschinen Hand in Hand arbeiten zu lassen.

Das ganze Thema Bilderstellung, Bildgenerierung ist ein riesiges Thema. Ich glaube, persönlich, wenn man sich mal ein Thema vorstellt, Fotografie, das ist ja sau-aufwendig und sau-teuer. Wenn ich es wirklich richtig gut machen will, ist das ein extrem teures Unterfangen. So, was man jetzt machen kann, wo wir auch gerade dran forschen, man stelle sich einfach vor, ich habe ein Produkt, davon zehn Bilder oder vielleicht auch nur fünf, egal. Ich lade diese zehn Bilder wieder für ein Fine-Tuning eines Bilderstellungsmodells hoch, sodass das Modell an sich trainiert wird, um Varianten dieses Produkts selbstständig zu generieren.

Und dann kann man so coole Sachen machen. Ich habe jetzt – mal als Beispiel, weil Michael und ich und Marcus gerne Schnaps trinken – eigentlich nicht, auch egal. Also nehmen wir mal Lager. Das ist so ein prominenter Schnaps hier aus der Umgebung. Mit einer schicken Flasche. Und jetzt nehme ich diese Flasche und habe davon Fotos gemacht. Und ich möchte die in unterschiedlichen Szenarien darstellen, also zum Beispiel in einem Café oder in einer Bar oder in einem geilen Garten, was auch immer. Dann kann ich sozusagen einfach nur noch diesen Input geben. Ich möchte gerne diese Szenarien in dieser oder jener Lichtstimmung und dann generiert mir das System automatisch die passenden Stimmungsbilder, die ich dann auf der Produktdetailseite oder auch jetzt im Storytelling oder wo auch immer verwenden kann.

Also ich glaube persönlich, das Thema Virtual Product Photography wird ein Riesenthema werden in der Zukunft. Also das sind nur ein paar Facetten. Wie gesagt, wir arbeiten da ja schon längere Zeit mit und haben glaube ich auch schon viele coole Mehrwerte in dem Produkt. Aber richtig spannend wird es natürlich, wenn man sich auch überlegt, wie die Reise da in der Zukunft weitergehen wird. Weil ich schon glaube, dass das für die allermeisten Händler am Ende des Tages ja gar nicht so eine Entscheidung ist im Sinne von, da habe ich die Wahl, ob ich das gut finde oder schlecht. Sondern am Ende des Tages, wenn der Wettbewerb das macht, ist er ja natürlich an den Stellen viel, schneller und effizienter unterwegs. Das heißt, ich muss mich ja im Prinzip schon auch ein bisschen in diese Richtung reinbegeben, um wettbewerbsfähig aufgestellt zu sein und auch kosteneffizient aufgestellt zu sein.

Wiljo: Micha, aus deinem Alltag als Händler, nicht als Digital Rockstar, sondern als Händler, wo würdest du dir Bereiche wünschen oder wo siehst du Anwendungsbereiche von einer künstlichen Intelligenz, wo könnte die dich entlasten? Was würdest du dir wünschen?

Michael Atug: Das hat Stefan wunderbar zusammengefasst, da war alles drin, was ich auch gesagt hätte. Ich fand sein Beispiel sehr schön, dass man die Korrespondenzen der letzten Jahre hochladen kann. Was das schon für eine Ersparnis ist!

Ein kleiner Laden wie wir, die werden das nicht tracken und wir tun das auch nicht, aber das sind doch bestimmt 60 oder 70 Prozent der Sachen, die man immer wieder hat, zum Beispiel „Wo ist mein Paket?“ – also diese üblichen Sachen. Und wenn dann das System erkennt: „Aha, das ist dasselbe“. Dann kommt doch zu 99 Prozent das Richtige heraus. Und dann hat Stefan ja auch noch diese Finisher erwähnt, den menschlichen Finisher, so nenne ich den jetzt. Keine Ahnung, ob es das Wort dafür schon gibt, aber der guckt halt: „Jo, passt, baller ich rein und tschüss“. Das spart uns so viel Arbeit, die man woanders einfach wunderbar einsetzen kann.

Lass mich noch einen einzigen Punkt ergänzen. Ich glaube, da kommt noch einiges mit Erklärvideos, weil das war vorher echt teuer. Da kommen ja so Dienstleister, so Beraterfirmen, hätte ich fast gesagt, die dich da arm machen wollen und dir irgendwas erzählen. Das geht alles einfach. Da gibt es zum Beispiel D-ID, das ist so ein Dienstleister, da baust du das ein, dann hast du den Avatar, der spricht praktisch mit Lippenbewegung alles nach. Das ist alles eine Sache, die dann absolut bezahlbar wird und irgendwie cool wirkt und das würde ich jetzt noch adden, aber ansonsten hat Stefan eigentlich alles auf den Punkt gebracht.

Wiljo: Ist denn so ein Einsatz und so eine Implementierung von AI-Applikationen in die Geschäftsprozesse nicht auch ein Kostenfaktor, also ist das nicht ziemlich teuer? Gerade bei kleineren, mittleren Händlern ist das ja immer so eine Sache, ob man da nötige Ressourcen und nötige finanzielle Mittel besitzt.

Michael Atug: Was kostet ein Mitarbeiter? Wann hat er Urlaub? Ist er krank? Hier ist immer jemand da, 24 Stunden am Tag kann ich da fragen, machen, tun. Ich glaube, die Frage ist schon beantwortet. Ich glaube, jeder weiß, was ich damit sagen will.

Stefan: Ja, technischer gesprochen ist das Kostenthema kein Thema. Also es ist ja egal, in welcher Form du das nutzt, ob du jetzt die Shopware, die integrierten Funktionen in Shopware nimmst oder ob du etwas externes, separates einbindest oder wie auch immer, es wird immer verbrauchsweise abgerechnet. Das heißt, wenn du wenig verbrauchst, dann bezahlst du auch wenig. Die Kosten sind eigentlich sehr überschaubar, also im Vergleich zu dem Mehrwert und dem Outcomer, der entstehen kann.

Trotzdem, glaube ich, ist es wichtig, dass man sich als Händler grundsätzlich bei solchen Dingen schon sehr genau überlegt: „Was ist eigentlich meine Erwartungshaltung? Was möchte ich damit erreichen?“. Damit man am Ende des Tages nicht in so einem Ich-mach-Dinge-der-Dinge-wegen verfällt und stattdessen alles einen strategischen Ansatz hat.

Wiljo: Marcus, wir haben schon öfter mal über deutsche Unternehmen und generell, dass hier vielleicht die Angst ein bisschen weiter vorherrscht und eher konservatives Gedankengut und so weiter und so weiter. Aus deiner Erfahrung, sträuben sich deutsche Unternehmer eher gegen den Einsatz von AI oder geht man da mit offenen Armen darauf zu?

Marcus Diekmann: Das ist eine gute Frage. Ich glaube, Deutschland tut sich generell schwer damit. Ich glaube, dass wir in Deutschland ein Grundproblem haben. Ich habe da gestern noch lange mit einem befreundeten Professor für Management aus dem Finanzsektor drüber gesprochen. Eigentlich haben wir gerade so eine krasse Zeit. Das heißt, früher war es immer das Wichtigste, dass du Erfahrung besitzt, lange Jahre etwas gemacht hast und dann konntest du erfolgreich sein und wer die meiste Erfahrung hatte, gewinnt.

Jetzt haben wir das Problem, dass wir im Management viel zu viele Leute mit ausreichender Erfahrung haben, langjährige Erfahrung, aber mit zu wenig Wandlungsfreudigkeit, weil sie sich in einem Gebiet immer mehr spezialisiert haben und wir bräuchten jetzt agilere, wandlungsfähige Management-Teams, die sich schneller auf neue Situationen befinden.

Also ich sage, es tut sich darum schwer, weil wir zu wenig Veränderungsbereitschaft heute in vielen klassischen Management-Strukturen haben und darum wir lieber immer abwarten und wenn man abwartet in diesen Zeiten, das hängt ja auch an Social Media oder online, dann ist man halt leider nur noch in der letzten Position.

Und wie wichtig dieses Thema ist, scheint vielen Leuten noch gar nicht klar zu sein. Wir haben aktuell den größten Druck auf Margen. Das heißt der Verkaufspreis minus Einkaufspreis bei Produkten drückt immer dichter zusammen. Das liegt natürlich auch an der Transparenz online, am Warendruck und solchen Sachen wie Überangeboten. Das heißt, wir haben eine der niedrigsten Rohertragsquoten ever. Das heißt, um in Zukunft Handel betreiben zu können, musst du immer kosteneffizienter werden.

Stefan hat das schon kurz angesprochen: Damit wirst du keine Wahl haben und musst jetzt dich krass durchoptimieren, damit du diese Kosteneffizienz hinkriegst. Und wenn du die nicht hinkriegst, wirst du einfach solche krassen Wettbewerbsnachteile haben und nicht mehr mithalten.

Wiljo: Da sind wir beim nächsten Thema. Also wo Licht ist, ist auch Schatten. Wo seht ihr denn Gefahren oder Risiken beim Einsatz von AI? Also in der Praxis zum Beispiel bei Copyright-Issues, wenn ich AI zum Generieren von Texten benutze. Oder das Beispiel, was du eingangs hattest, Marcus, das mit der rechtlichen Auskunft, das ist ja alles andere als rechtlich belastbar, wenn man mal kurz ChatGPT fragt. Wo seht ihr da Gefahren? Jetzt ganz plastisch, Stefan, wer sagt mir, dass ich tatsächlich mit Stefan Hamann spreche und nicht mit irgendeiner künstlichen Intelligenz, die du vorher programmiert hast?

Stefan Hamann: Also die ehrliche Antwort: Ich glaube, dass diese Grenzen immer mehr verschwimmen. Es ist auch egal, was die EU sich da überlegt und welche Art von Regulation in Zukunft stattfinden wird. Die überlegen ja zum Beispiel, dass AI-generierter Content klar als AI-generierter Content gekennzeichnet sein muss oder zumindest, dass es so eine Art Wasserzeichen gibt. Ich persönlich glaube, das wird die Amerikaner und Chinesen relativ wenig interessieren, was die uns in der EU zurecht regulieren.

Das heißt, ich glaube, am Ende des Tages gibt es auch einen großen Druck, dass Unternehmen in der EU insgesamt wettbewerbsfähig sein müssen und sich wettbewerbsfähig aufstellen müssen. Und dementsprechend glaube ich, wird das in der Realität hoffentlich ein ausgewogenes Konzept, womit man sich dann auch im internationalen Vergleich gut aufstellen kann. Also das wäre die rechtliche Perspektive.

Ansonsten aus der Risikoperspektive heraus ist es ja heute schon so, wenn man sich seine persönliche Timeline vorstellt – egal ob es Twitter, LinkedIn oder Instagram ist – es ist heute schon so, dass es schwierig ist, wirklich die Wahrheit von irgendetwas ausgedachtem oder generierten zu unterscheiden. Und da sehe ich persönlich auch das große Risiko, also im Bereich Presse und News, dass das Fake-News-Thema einfach exponentiell nochmal um den Faktor 100 wächst und am Ende des Tages gerade die jüngere Generation, die sich ja eben keine Zeitung oder sowas durchliest, sondern sich ausschließlich über Social Media informiert, dass da natürlich so Themen wie die Verschwörungstheorien und irgendwelche völlig abgefahrenen Sachen, diese Phänomene, massiv zunehmen.

Und ich glaube, das Einzige, was man da auch machen kann, ist, wenn man Kinder hat, diese irgendwie zu kritischen und realistischen Menschen zu erziehen. Und ja, auch jetzt schon, in die Richtung zu bewegen, dass die nicht einfach alles glauben sollen, was irgendwo steht oder auch vielleicht irgendwo als Video gezeigt wird oder wie auch immer. Weil ohne eine gründliche Portion Skepsis kriegt man als normaler Mensch da überhaupt kein realistisches Bewusstsein.

Marcus Diekmann: Ich glaube ja immer an Trend und Antitrend. Das heißt, wenn es immer mehr News gibt, die so generiert werden, dann werden sich irgendwann, auch in jungen Generationen, YouTuber oder Insta-Leute oder TikToker bilden, die dafür berühmt sind, dass sie wirklich wieder sehr recherchiert sind.

Also ich glaube, es gibt immer Trend und Antitrend und dann wird es dafür auch Lösungen geben. Ich würde lieber diese Probleme hinterher lösen als vorher. Und ich sage, auch heute schon ist es auch unabhängig von Fake News nicht einfach. Die Leute hören ihren Podcast, die gucken irgendwas. Und wenn du heute schon nicht alles selber in den Kontext gesetzt hast, dann ist es auch immer schwer.

Zum Beispiel kam letztens eine Arbeitskollegin zu mir und sagte: „Marcus, das ist ja krass, ich habe mal geguckt. In Bezug auf Deutschland, selbst wenn wir jetzt noch ökologischer werden, könnten wir in der Welt gar nichts ausrichten, weil wir nur ein Prozent ausmachen, also alles, was wir machen, könnte nur einen Prozent Impact haben.“ So, sie hat also diese Zahl gehört und das haben wir dann im Freundeskreis diskutiert. Ich meine, wie viele Länder gibt es auf der Welt? 170? 180? Ich habe keine Ahnung. Teile doch erstmal 100 Prozent durch 180. Dann ganz platt gesagt, dann ist ja schon ein Prozent viel Impact.

Wenn ich dann einfach mal eine andere Zahl in den Raum werfe, im mathematischen Verhältnis, und du dann sagst: Pro Kopf ist Deutschland der größte CO2-Verschwender und wir tun immer so, als wären wir so klimaneutral und klimatoll. Aber in Wirklichkeit sind wir schlimmer pro Kopf als die Chinesen. So haben wir heute schon haufenweise, tonnenweise Fake News und sind auch heute schon gezwungen, alles immer in den Kontext zu setzen.

Und ich glaube, da wird es zukünftig mega Lösungen geben. Und ich glaube, demnächst wird es so sein, dass du zum Glück beim Zahnarzt den Termin super schnell mit dem Chatbot machst oder vielleicht sogar der dann telefonisch mit dir spricht. Und dann wird es aber irgendwelche Leute geben, die sich da aber wieder dagegen positionieren. Vielleicht kommt dann ja auch wieder die Rückkehr des stationären Handels, wo du wieder persönlich mit Menschen sprichst.

Wiljo: Womit wir wieder beim Antitrend wären. Micha, was überwiegt? Chancen oder Risiken?

Michael Atug: Also erstmal ganz kurz noch zu Stefan, als er gerade dran war. Ich denke, dass wir wie immer die zweite Geige spielen werden, wenn nicht die dritte. Das gibt nix. Also EU, Deutschland, Politik. Ich bin da gerade so eingestellt: Da werden alle anderen machen, tun und wir werden wieder ganz hinten dabei sein. Das war das eine.

Und lass mich mal jetzt ein bisschen rumspinnen. Ich habe so letztens drüber nachgedacht. Da gab es neulich eine Doku über Arnold Schwarzenegger und es ging auch um Terminator und so. Dann habe ich an diese ganze AI-Sache gedacht und dachte so: Mann, Micha, wie krass ist das mit dem Skynet? Also wie nah sind wir schon jetzt an dem Thema dran, wo wir früher fast drüber gelacht haben. Und jetzt ist es so nah dran.

Und wenn du das mal rumspinnst, je nach Regulierung, je nach wie die Länder das entscheiden, wie das demnächst sein soll, umso mehr Freiheit man diesem Ding gibt. Was ist denn, wenn das Ding dann die Kontrolle übernimmt? Weil letztendlich geht ohne Internet nichts mehr. In jeglichen Bereichen, ob Verkehrsführung, Waffenarsenale, bla bla bla. Also ich will jetzt nicht den Teufel in die Wand malen. Wir haben alle Kinder. Aber wenn du da mal einen Moment drüber nachdenkst, wirklich drüber nachdenkst, dann wird dir wirklich schwummerig.

Jetzt habe ich deine Ausgangsfrage leider gar nicht beantwortet, weil das wollte ich unbedingt noch loswerden. Das ist auch emotional. Also muss ich ganz ehrlich sagen.

Wiljo: Ja, ich wollte nur wissen, ob deiner Ansicht nach die Chancen oder die Risiken bei AI überwiegen?

Michael Atug: Das erste Mal, seitdem wir den Podcast machen, enthalte ich mich einer Stimme.

Wiljo: Okay, pass auf. Ich frage dich in zwei Jahren nochmal, ich glaube, dann kannst du das besser absehen.

Also eigentlich wäre meine nächste Frage gewesen: Wird der aktuelle Hype um AI wieder verschwinden? Ich gebe mir jetzt einfach mal selber die Antwort: Nein, weil ich denke, das ist auch in eurem Sinne.

Deshalb wandle ich die Frage jetzt um: Wie wird sich der Arbeitsmarkt in fünf bis zehn Jahren verändert haben? Wir sind ja alle im Digital-Bereich unterwegs, ist dieses AI-Thema wirklich nur ein Thema, was sehr in unserer Blase stattfindet oder betrifft es den gesamten Arbeitsmarkt, also sämtliche Branchen?

Stefan Hamann: Also aus meiner Sicht betrifft es nahezu sämtliche Branchen und ich persönlich glaube, dass diese Entwicklung, langfristig wahrscheinlich (eher als wir alle denken) dazu führen wird, dass wir so Themen wie bedingungsloses Grundeinkommen sehr viel konkreter diskutieren und auch umsetzen, weil das ganze Sozialsystem kann das theoretisch überhaupt gar nicht auffangen.

Also ich sag mal, wenn man sich alleine einmal anschaut, wozu dieses Thema heute schon in der Lage ist – und das Verrückte ist ja, dass es da vor allem um Themen geht, wie zum Beispiel Programmieren oder Texte generieren oder Texte übersetzen oder Grafiken, Assets, was auch immer erstellen – Sachen, die sehr stark mit Kreativität verbunden sind und wo ich mir 100%ig sicher bin, wenn wir vor drei oder vier Jahren dieses Gespräch geführt hätten, hätte jeder gesagt: Das sind Berufe, die es maximal als allerletztes trifft. Denn wie kann denn ein Computer bitteschön kreativ sein und so weiter und so fort?

Das ist zum einen eine überraschende Entwicklung und zum anderen, glaube ich, diese Geschwindigkeit, durch die am Ende des Tages eine Eigendynamik entsteht. Das heißt, Unternehmen müssen in irgendeiner Form handeln und reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Und auf der anderen Seite müssen dann die Gesellschaft und auch die Sozialsysteme in der Lage sein, auch diese Arbeitskräfte aufzufangen und im Idealfall viele dieser Menschen wieder in anderer Form an die Arbeit heranzuführen. Also das heißt eben die umzuschulen oder so. Das ist schwer vorstellbar, wenn du zum Beispiel zehn Jahre studiert hast und bist Fachspezialist in einem bestimmten Bereich, schreibst Forschungsarbeiten oder weiß der Teufel was, und dann sagt dir jemand: „So, jetzt kannst du eine Umschulung machen zum Gärtner, weil das ist gerade noch nicht AI-gefährdet“ – so ungefähr.

Das sind halt Diskussionen, die extrem schwierig sind. Aber ich glaube, dass der technische Fortschritt an der Stelle irgendwo nicht aufzuhalten ist und dass wir uns irgendwo alle in dieser neuen Realität in irgendeiner Form anpassen müssen und dass da jeder für sich auch eine Zukunft entwickeln muss. Also davon auszugehen, dass das auf den Arbeitsmarkt keinen Einfluss haben wird auf einer Zeitschreibe von fünf bis zehn Jahren, das ist verrückt.

Marcus Diekmann: Ich würde mich Stefan anschließen und sagen, erst mal zeigt das, dass das ganze Schulsystem, wie wir es heute haben, überhaupt keinen Sinn mehr macht und dass das muss jetzt schnellstens angepasst werden, weil dieses Auswendiglernen (worauf das am meisten fußt) braucht kein Mensch, weil das kann einfach eine ChatBox. Das macht auch keinen Sinn mehr. Also Zeitverschwendung!

Als ich mich letztens mit Winnie unterhalten habe, dem COO von Shopware, das war mega spannend. Seine Tochter ist in Mexiko in der vierten Klasse, er hat jetzt ein paar Monate von dort aus gearbeitet. Die Schüler mussten da schon so ein Projekt machen zum Thema Unternehmertum. Da musste sie so ein kleines Mini-Business konzipieren, wo sie ein paar Sachen verkaufen. Die haben schon ganz andere Skillsets, die die erarbeiten müssen. Und das nicht jetzt in der größten, krassesten Stadt, das war nicht New York oder so, sondern, sagen wir mal, auf einem Berg in Mexiko. Also das Schulsystem macht so keinen Sinn mehr, das muss schnellstens reformiert werden.

Zweitens, unsere ganze Mittelschicht ist ganz krass gefährdet und wir werden sie auch so nicht retten können, weil du wirst immer mehr Leute brauchen, die Altenpfleger sind, im Haushalt mithelfen oder Handwerker, weil das werden Berufe sein, die noch gebraucht werden. Die ganze Sachbearbeiterstruktur wird einfach wegbrechen, weil die einfach per künstliche Intelligenz komplett alles ersetzt wird. Die brauchst du nicht mehr, egal ob du das in der Bank gemacht hast, Sachbearbeiter oder woanders, das brauchst du alles nicht mehr.

Diese Jobs werden also abwandern in die Logistik, wo du noch händisch mitarbeiten musst. Die wandern in Altenpflege und in solche Berufen, im Haushalt und damit auch zu niedriger bezahlten Gehaltsstrukturen. Nach oben hin brauchst du die kreativen Berufe auch nur noch beschränkter, das heißt, da gibt es dann eher ein paar Denkerinnen und Denker und Lenkerinnen und Lenker, also das heißt, es verwandelt sich komplett. Und das ist krass, weil das wird zu einer Spaltung der Gesellschaft führen und dafür muss man gute Antworten haben und das heißt, wenn du jetzt der Vorreiter bist, dann wird natürlich Deutschland auch danach noch und in Zukunft Jobs haben, aber wir werden ganz klar sagen müssen: Für 50 Prozent der Leute, die sich in Sachbearbeiterstrukturen verstecken, für die wird das halt ultra schwierig in den nächsten zehn Jahren.

Michael Atug: Auf die gesellschaftspolitischen Dinge, die ihr angesprochen habt, will ich gar nicht eingehen. Ich will das Pferd mal ganz anders aufsatteln: Ich war letztens Speaker bei über 60 Steuerberatern und inwiefern die sich schon mit dem Thema beschäftigt haben, das hatte ich so noch gar nicht auf dem Schirm.

Und jetzt muss man noch ein Stück weiter denken: Jede Branche, jede einzelne Branche wird für sich einen Weg finden und überlegen, was die anders machen können. Das kriegen wir ja gar nicht mit, wir sind in unserer Bubble, aber in jeder Branche wird das Thema auf den Tisch gebracht und wenn da Einsparungen möglich sind, dann wird das auch publik gemacht. Das heißt also, jede Branche wird nach und nach sich da verändern und deswegen wird das definitiv einen Riesenstrang hinter sich herziehen, den wir jetzt noch gar nicht überblicken können, weil wir in manchen Branchen gar nicht drin sind und jetzt aktuell noch denken: „Da wird nichts passieren“, weil wir es einfach nicht kennen. Es ist aber anders.

Stefan Hamann: Es ist auf jeden Fall super wichtig, was Micha gesagt hast. Das ist halt genau das Thema. Es ist einfach vollständig industrieübergreifend und wird überall eine mehr oder weniger ausgeprägte Wirkung entfalten und dementsprechend ist es schon wichtig, dass es auch gesellschaftlich betrachtet wird als Thema.

Also wie gesagt, das voll zu regulieren, macht null Sinn. Auf der anderen Seite, da gar nichts zu machen, macht natürlich auch keinen Sinn. Also das ist wie so oft nicht Schwarz oder Weiß, sondern sehr viel Grau wahrscheinlich.

Wiljo: Also ich freue mich auf jeden Fall darauf, mit euch weiter das Thema zu beobachten. Jetzt haben wir zum Schluss natürlich das ganz große Rad gedreht. Ich würde ganz gerne noch mal einen kurzen Schritt zurückgehen und zwar zu einem Praxistipp. Stefan, stell dir vor, ich wäre jetzt jemand, der noch nie Berührungspunkte mit dem Thema AI hatte, ich möchte mich jetzt aber da mal einfuchsen und mich noch ein bisschen damit auseinandersetzen. Welche Apps würdest du mir empfehlen?

Stefan Hamann: Apps? Ach du Scheiße, ich bin ja hier noch aus der klassischen Generation. Ähm …

Wiljo: Es müssen nicht unbedingt Apps sein, es können auch alle anderen Anwendungen sein. Du hast ja gerade schon DeepL erwähnt.

Stefan Hamann: Ja, auf jeden Fall ChatGPT – das ist eh klar. Da würde ich auch auf jeden Fall ChatGPT Pro empfehlen, das mal auszuprobieren, weil die Ergebnisse nochmal eine ganze Größenordnung besser sind.

Was ansonsten für das Thema Bildgenerierung spannend ist, ist zum einen DALL·E (das ist auch von OpenAI) und zum anderen Stable Diffusion (das kann man sich sogar kostenlos auf seinen Mac oder auf seinen Windows PC runterladen). Man kann das dann lokal ausführen oder in der Cloud benutzen. Midjourney natürlich auch, das ist super cool.

Dann für Videogeschichten, was ich ziemlich krass fand … (da muss ich mal kurz gucken, wie das hieß, das habe ich nämlich letztens ausprobiert.)

Also zum einen, was cool ist, ist eher 3D-Modell-Erstellung, also für Leute, die zum Beispiel 3D-Modelle von Produkten machen wollen …

Wiljo: Ist ja auch ein großes Thema, gerade Spatial Commerce, oder?

Stefan Hamann: Ja, was ich für eine App meinte ist Polycam. Da läufst du einmal um das Ding drum herum und dann wird automatisch ein 3D-Modell davon erzeugt, das ist ziemlich interessant.

Jetzt lass mich mal einmal kurz gucken, wie die Video-App hieß. Eine Million Apps auf dem Handy und keine davon benutze ich oft.

Also für Video finde ich RunwayML total cool. Da kannst du praktisch einfach einen Text reingeben, zum Beispiel „Ich möchte hier einen springenden goldenen Retriever“ oder sowas, dann erzeugt er dir automatisch ein Video.

Du kannst aber auch einfach ein Bild hochladen, zum Beispiel von dir oder von wem auch immer und kannst dann sagen: „Ich möchte, dass die Personen auf dem Bild einen Lagerkorn trinkt“. Und dann generiert er praktisch einen Videoclip, der genau dazu passt. Also das ist auch ziemlich krass.

Dann gibt es diverse Tools zum Thema Voice Cloning, was tatsächlich auch schon besser funktioniert, als die meisten Menschen wissen und denken.

Dann habe ich noch eine ganz cooles Teil, das habe ich tatsächlich auch vorhin nochmal angeguckt. Das ist geht in die Richtung von dem was Michael vorhin meinte, also wo du praktisch einen virtuellen Clon von dir selber generieren kannst. Und dann kannst du deine Voice clonen, kannst einen Hintergrund aussuchen, da gibst du einfach nur easy Text ein, der erzählt werden soll, und dann erzeugt er automatisch ein Video, was du in Social Media oder so verwenden kannst. Wie hieß nochmal das Tool, was du meintest, Michael?

Michael Atug: D-ID, glaube ich.

Stefan Hamann: Ja, D-ID, genau. Das hatte ich vorhin auch mal kurz getestet.

Was sonst vielleicht auch eine coole Empfehlung ist: Es gibt eine Seite, die nennt sich Hugging Face. Und da ist sozusagen die AI-Community, wenn man so will, da sind nämlich alle Modelle, die es für die unterschiedlichen Bereiche gibt, also Music-to-Image oder Music-Generation oder weiß der Teufel was. Da gibt es über 100.000 unterschiedliche Modelle, die irgendwie crazy Zeug machen. Die kann man da ausprobieren, testen und so weiter. Also das ist für Leute, die ein bisschen breiter einsteigen wollen, auch eine ganz interessante Geschichte.

Um generell den Einstieg zu finden: Es gibt unzählige wirklich gute Bücher dazu, auch für Einsteiger. Es gibt auch ein paar Bücher für Leute, die schon relativ im Thema drin sind, die immer noch echt interessant sind. Vielleicht können wir ja unter dem Podcast mal so eine Empfehlung rausgeben, Wiljo.

Wiljo: Ja.

Stefan Hamann: Und dann, was ich auf der anderen Seite natürlich meine, dass die jüngere Generation eher YouTube-Videos schaut oder was auch immer. Also es gibt viele Möglichkeiten, in das Thema einzusteigen. Und ich glaube für mich ist immer der allerbeste Tipp, das tatsächlich selber auszuprobieren. Learning by doing.

Also einfach mal je nachdem, wo man gerade selber unterwegs ist, in welchem Lebensausschnitt und in welcher beruflichen Situation, denn da wird man ziemlich schnell das eine oder andere finden, was tatsächlich ziemlich cool ist und auch einen Mehrwert entfalten kann.

Wiljo: Ja, cool. Vielen Dank. Vielen Dank auch an euch da draußen fürs Zuhören. Es hat sehr großen Spaß gemacht heute. Ich hoffe euch auch, lieber Micha, Marcus, Stefan. Ich würde sagen, wir sehen uns beim nächsten Mal. Und passt auf euch auf.

Alle: Tschüss! Macht's gut! Danke!

Empfohlene AI-Anwendungen im Überblick

Diese AI Tools wurden im Podcast angesprochen und empfohlen:

  • DeepL

  • ChatGPT (Pro Version)

  • ChatBox

  • DALL·E

  • Stable Diffusion

  • Midjourney

  • Polycam

  • RunwayML

  • Descript

  • D-ID

  • Hugging Face

Die Podcast-Folge über „AI Tools im Onlinehandel“ zum Anhören

Abonniere den Podcast für digitale Macher

Verpasse keine weitere Folge von "Dreimal Digital" und abonniere den Podcast auf Spotify, Deezer oder Amazon Music. Mehr Informationen und weitere Folgen findest du auch auf der Website zum Podcast.