
Abmahnungen waren und sind DAS Schreckgespenst der Onlinehändler – das gilt auch für den vergangenen Juli. Unser Partner IT-Recht Kanzlei führt in diesem Blogbeitrag die wichtigsten Abmahnfälle des vergangenen Monats vor Augen und unterstützt mit Tipps und weiterführenden Informationen. Das soll Dir als Händler helfen, nicht selbst in die Abmahnfalle zu tappen.
IT-Recht Kanzlei: Es gibt noch immer zahlreiche Abmahnungen
Ende 2020 trat das Anti-Abmahngesetzes in Kraft. Trotzdem hat sich gefühlt nicht viel verändert. Denn noch immer erreicht die IT- Recht Kanzlei monatlich rund 100 wettbewerbsrechtliche Abmahnungen. Dabei werden gezielt Abmahnthemen gesucht, die auch nach dem neuen Gesetz noch abmahnbar sind, wie etwa Werbung. Hochkonjunktur in Sachen Abmahnungen hat weiterhin auch der Bereich Markenrecht. Wir stellen Dir im Folgenden die wichtigsten Fälle vor.
Desinfektionsmittel: Aufmachung und Verpackung richten sich an Kinder
Wer hat abgemahnt: Wettbewerbszentrale
Wieviel wird gefordert: 350,00 EUR
Was sagt IT-Recht Kanzlei dazu: Hier geht es unter anderem um die Biozidverordnung. Abmahnungen bezüglich dieser Verordnung sind nicht neu: Im Abmahn-Radar Juni hatten wir bereits darüber berichtet, dass irreführende Werbung mit dem Schlagwort „antibakteriell“ abgemahnt wurde.
In diesem Fall ging es jedoch um Desinfektionsmittel, das ausdrücklich Kinder ansprechen würde (beispielsweise durch die Werbung zur Desinfektion von Schultaschen). Die Biozidverordnung verbietet Werbung, die bezüglich des Risikos der beworbenen Produkte in die Irre führe. Laut Abmahner sei aber genau das der Fall, denn hier bestehe der Eindruck, dass das Produkt (Desinfektionsmittel) harmlos und für Kinder geeignet sei – auch wenn dies nicht konkret so erwähnt wurde.
Man kann hier sicherlich auch anderer Meinung sein, aber: Wenn angenommen wird, dass die Werbung Kinder ansprechen soll, ist grundsätzlich ein besonders strenger rechtlicher Maßstab anzulegen.
Tipp: Wie Du bei Werbung für Biozidprodukte rechtssicher unterwegs bist, kannst Du hier nachlesen.
Verkauf von E-Zigaretten ohne Altersverifikation
Wer hat abgemahnt: David Froitzheim
Wieviel wird gefordert: 1.375,88 EUR
Was sagt die IT-Recht Kanzlei dazu: Abgemahnt wurde ein Onlinehändler, der über seinen Onlineshop E-Zigaretten und Teile von E-Zigaretten vertrieb – und zwar ohne dabei eine Altersverifikation des Käufers durchzuführen. Der Verkauf von E-Zigaretten, Tabakwaren, E-Shishas und Liquids ist jedoch streng reglementiert. Dadurch sollen Kinder und Jugendliche vor den Risiken des Konsums dieser Produkte geschützt werden.
§ 10 Abs. 3 JuSchG besagt, dass Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse Kindern und Jugendlichen im Versandhandel weder angeboten noch an diese abgegeben werden dürfen.
Wer mehr über derartige Abmahnungen wissen will, kann mehr in dieser ausführlichen Auseinandersetzung zum Thema nachlesen.
Beipackzettel, Kennzeichnung, Werbeverbote oder die jugendschutzrechtlichen Bestimmungen? Hier geht es zur Handlungsanleitung für den rechtssicheren Verkauf von E-Zigaretten und Liquids.
Verpackungsgesetz: Fehlende Registrierung
Wer hat abgemahnt: Sachse Vertriebs GbR
Wieviel wird gefordert: 280,60 EUR
Was sagt die IT-Recht Kanzlei dazu: Diese Abmahnungen kamen in den letzten Monaten vermehrt vor. Ausgesprochen wurden diese immer vom gleichen Rechtsanwalt (Kanzlei Sandhage), aber immer mit unterschiedlichen Abmahnern. Das "neue" Verpackungsgesetz gilt bereits seit dem 01.01.2019. Es scheint so, als seien viele Onlinehändler den neuen Pflichten noch nicht nachgekommen, das gilt vor allem für die Registrierungspflicht. Wer sich pflichtwidrig nicht registriert, begeht einen Wettbewerbsverstoß. Und da diese Registrierungen leicht online einsehbar sind, ist das Thema bei den Abmahnern so beliebt. Gelingt dem Abgemahnten in diesen konkreten Fällen der Nachweis der Registrierung nicht, wird die Erstattung der Abmahnkosten verlangt.
Tipp: Hier kannst Du mehr nachlesen: zum Verpackungsgesetz im Allgemeinen oder konkret zur Registrierungspflicht.
Abmahnungen durch den Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. (IDO)
Wer hat abgemahnt: IDO
Wieviel wird gefordert: 232,05 EUR
Was sagt die IT-Recht Kanzlei dazu: Der IDO ist ein bekannter Abmahnverein – es fragt sich, ob das auch noch so sein wird, wenn die Schonfrist zur Umsetzung des neuen Gesetzes gegen den Abmahnmissbrauch zum 01.12.2021 abgelaufen ist. Bis dahin rechnen wir noch mit zahlreichen Abmahnungen. In den letzten Wochen ging es unter anderem um folgende Fälle ...
Unklare Angaben Lieferfristen
Hier wurde folgende Klausel des Händlers moniert:
"Die Regellieferzeit beträgt 7 Tage, wenn in der Artikelbeschreibung nichts anderes angegeben ist"
Mit so einer Klausel können Kunden nicht problemlos die Lieferzeit berechnen, doch genau das ist gesetzlich vorgeschrieben. Weder Regel- noch Ausnahmefall können von Kunden eindeutig unterschieden werden – das ist zumindest der Vorwurf. Hier kommt es also aufs Detail an.
Tipp: Was bei der Lieferzeitangabe grundsätzlich zu beachten ist und welche Formulierungen auf jeden Fall vermieden werden sollten, liest Du in diesem hilfreichen Beitrag.
Fehlerhaftes Impressum
Das Impressum betrifft alle gewerblichen Onlinehändler. Was wurde hier abgemahnt? Im Rahmen der Impressumsangaben fehlten die Angaben zum Handelsregistergericht und -nummer eines e. K. (eingetragenen Kaufmanns). Hier findest Du ausführliche Informationen zum Impressum für e. K., Gewerbetreibende, GmbH, KG, UG & Co.
Fehlende Textilkennzeichnungen
In diesem Fall hat ein Händler es versäumt, eine Textilkennzeichnung anzugeben. Fashion- und Textilhändler haben im Zusammenhang mit der Textilkennzeichnungsverordnung einiges zu beachten. Dabei kommen Fragen auf wie: Welche Textilien sind kennzeichnungspflichtig? Welche Bezeichnungen für die Textilfasern sind zulässig? Wie sollte das Etikett angebracht werden und wo sollte das Produkt gekennzeichnet werden? Hier findest Du einen allgemeinen Leitfaden zum abmahnsicheren Verkauf von Textilien.
eBay: Der gewerbliche Privataccount
Wer hat abgemahnt: Helga Delaporte
Wieviel wird gefordert: 540,50 EUR
Was sagt die IT-Recht Kanzlei dazu: Diese Konstellation ist nicht selten: Es wird mit einem eBay-Privataccount tatsächlich gewerblich gehandelt. In solchen Fällen lässt die Abmahnung eines Mitbewerbers oft nicht lange auf sich warten. Der Vorwurf ist dann: Es fehlt ein Impressum, die Widerrufsbelehrung, die AGB, der Link zur Streitschlichtungsplattform etc. – sprich, alle gesetzlichen Pflichtinformationen, die für gewerbliche Verkäufer ein MUSS sind. Aber ist das nach den neuen Vorschriften des Gesetzes gegen das Abmahnunwesen überhaupt noch kostenpflichtig abmahnbar? Denn eigentlich sollen solche Konstellationen privilegiert sein. Der Abmahner hat hier den Kniff über den Irreführungsvorwurf gewählt. Er hat also vorgeworfen, dass das Fehlen dieser Informationen irreführend sei – und ein solcher Verstoß wäre dann auch noch nach den neuen Regelungen abmahnbar. Hier ist vieles noch ungeklärt und es müssen dazu die ersten Gerichtsurteile abgewartet werden.
Marke I: Marke "Audi-Ringe"
Wer hat abgemahnt: Audi AG
Wieviel wird gefordert: 3.020,34 EUR
Was sagt die IT-Recht Kanzlei dazu: Automobilhersteller sind dafür bekannt, dass sie ihre Marken im Internet sehr akribisch überwachen. Dieses Mal handelt es sich um Audi, wir haben dies aber auch öfters bei der Volkswagen AG oder BMW AG beobachten können. In diesem Fall stehen Aufkleber im Fokus. Diese hatten die Form der bekannten Audi Ringe. Diese sind eine geschützte Marke der Audi AG.
Grundsätzlich dürfen geschützte Zeichen nur vom Markeninhaber oder von berechtigten Dritten markenmäßig genutzt werden. Das gilt auch für Aufkleber & Co – egal, ob es sich dabei um Drittware oder selbst hergestellte Ware handelt.
Tipp: Weil es oft Markenabmahnungen im Zusammenhang mit dem Zubehörhandel gibt: In diesem Beitrag erklären wir die markenrechtlichen Fallstricke bei der Bewerbung von Ersatzteilen und Zubehör.
Marke II: Marke "FAINA"
Wer hat abgemahnt: Faina Lifestyle Sp.z.o.o.
Wieviel wird gefordert: 2.002,41 EUR und zusätzliche Testkaufkosten
Was sagt die IT-Recht Kanzlei dazu: Hier handelt es sich um einen klassischen Identitätsverstoß: Genutzt wurde die Marke identisch für identische Waren – hier im Bereich Schmuck. Damit handelt es sich um einen Fall der Doppelidentität und um einen klassischen Markenverstoß.
Marke III: Marke "SAM"
Wer hat abgemahnt: Time Gate GmbH
Wieviel wird gefordert: 2.293,25 EUR
Was sagt die IT-Recht Kanzlei dazu: Auch Vornamen können markenrechtlich geschützt sein – das zeigt die Markeneintragung von SAM. Wegen Nutzung dieses Zeichens wird seit Jahren regelmäßig abgemahnt. Das große Fragezeichen in diesen Konstellationen: Wurde das Zeichen markenmäßig oder eher als Modellbezeichnung genutzt? Denn oft wird die Bezeichnung SAM neben dem tatsächlichen Markennamen genutzt. Aber nur im Falle einer markenmäßigen Nutzung würde man eine Markenverletzung annehmen. Gerade bei solchen Abmahnungen sollte man sich dringend rechtlich beraten lassen.
Tipp: Vornamen als Marke – geht das überhaupt? Wir haben uns näher mit der markenrechtlichen Problematik im Umgang mit Vornamen beschäftigt: hier nachzulesen.
Du möchtest allgemein mehr zum Thema Markenrecht erfahren? Dann erfahre mehr über die klassischen markenrechtlichen Abmahnfallen.
Über die IT-Recht Kanzlei
Die IT-Recht Kanzlei ist eine auf den E-Commerce spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in München. Sie berät deutschlandweit zahlreiche Onlinehändler und Unternehmen insbesondere im Bereich IT-, Wettbewerbs-, Marken- und Domainrecht und betreibt eine der stärksten Anwaltswebseiten Deutschlands: www.it-recht-kanzlei.de
Über 45.000 Händler vertrauen für ihre Internetpräsenzen den rechtssicheren Rechtstexten (AGB, Widerrufsbelehrung, Datenschutzerklärung) der IT- Recht Kanzlei.