
Kurz vor Jahresende neigen wir zum Resümieren: Was ist gut gelaufen, was weniger – und in welcher Phase befinden wir uns aktuell? Das gilt genauso für das Private wie auch für das Berufliche und Geschäftliche. Deshalb lohnt es sich auch in Bezug auf den Bereich Marketing kurz innezuhalten und zu fragen: In welcher Ära befinden wir uns eigentlich?
Tatsächlich ist im Marketing seit einiger Zeit eine neue Ära angebrochen, die unser bisheriges Einkaufserlebnis radikal verändert hat. In dieser Ära dreht sich alles um die Thematik der „Customer Experience“ – also der „Kundenerfahrung“.
Wusstest Du, dass es schon die dritte Ära ist, die das Marketing in den letzten 25 Jahren durchlebt? Wir bewegten uns von schnelllebigen Produktmarken über die Bildung von Kundenbeziehungen mit Hilfe des Service-Marketings hin zur Kreation einer unwiderstehlichen Customer Experience.
Was genau bedeutet Customer Experience?
Den Begriff hat wohl jeder schon mal gehört. Doch welche Aspekte umfasst er genau? Kurz gesagt ist Customer Experience eine Ansammlung von Gefühlen, Wahrnehmungen und Einstellungen, die sich während des gesamten Prozesses der Entscheidungsfindung und Konsumkette bildet. Sie beinhaltet eine Reihe von Interaktionen mit Menschen, Objekten, Prozessen und der Umwelt. Dabei führt sie dementsprechend zu kognitiven, emotionalen, sensorischen und verhaltensbezogenen Reaktionen.
Amazon und Google machen es vor
In der Marketingforschung hat die Untersuchung der Customer Experience momentan höchste Priorität. Sie gilt als eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre. Trotz überschaubarer theoretischer Grundlagen haben Unternehmen wie Google, Amazon und KPMG bereits Chief Customer Officer, Vice Presidents und Manager eingestellt. Deren Zuständigkeitsbereich liegt allein in der Kreation und Verbesserung der Customer Experience, welche als Geheimzutat für loyale Kunden, einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil – und somit auch eine höhere Conversion Rate – gehandelt wird.
In der Regel fokussiert sich das Customer Experience Management (CEM) darauf, alle Hinweise, die ein Kunde im Kaufprozess erhält, zu erkennen und ihm diejenigen zu liefern, die einen Mehrwert schaffen. Wer seinen Kunden diesen Mehrwert bieten will, muss allerdings in erster Linie die Customer Journey der Kauffreudigen bis ins kleinste Detail verstehen. In der Marketingforschung spricht man von drei Phasen, die ein Kunde durchläuft: Vorkauf, Kauf und Nachkauf. Gängig sind aber die englischen Begriffe pre-purchase, purchase und post purchase.

Immer wieder entstehen neue Anleitungen des Customer Experience Managements, die in drei bis fünf Schritten zusammenfassen, wie großartige Kundenerfahrungen entwickelt werden können. Legt man alle Anleitungen übereinander, erhält man am Ende einen kleinen Leitsatz, der das CEM zusammenfasst: Es geht darum, die richtigen Hinweise für Kunden an den verschiedenen Berührungspunkten (Social Media, Onlineshop, Ladengeschäft, Presse etc.) und über alle Phasen hinweg zu identifizieren, zu priorisieren und einzubeziehen. Im Anschluss können interaktive Prozesse zur Erlebnisgestaltung entwickelt und Kundenreaktionen unter der Verwendung geeigneter Performance-Metriken gemessen werden.
Warum es hier keine Customer-Experience-Anleitung gibt
Customer Experience schön und gut, aber ist das nicht alles sehr vage? Dahinter verbirgt sich ein simpler Grund: Aktuell gibt es noch keine Möglichkeit, die Customer Experience zu messen. Genau hier liegt der Knackpunkt des Ganzen. Einfach gesagt weiß niemand, was man messen soll, wenn niemand ganz genau festnageln kann, wie das Konstrukt und die Dimensionen der Customer Experience aussehen.
Sprich: Es gibt noch keine „endgültige“ Definition von „Customer Experience“. Bis es soweit ist, begnügt man sich mit der Messung der Kundenzufriedenheit, Kaufintention, Kundenloyalität, Weiterempfehlung etc., da sich diese Aspekte alle auf die Wahrnehmung der Customer Experience auswirken.
Das bedeutet aber nicht, dass Unternehmen sich nicht schon heute auf die Ära der Customer Experience vorbereiten oder versuchen, diese zu implementieren. Google und Amazon sind nur zwei Beispiele dafür.
So berücksichtigst Du die Customer Experience
In erster Linie ist es wichtig, dass Unternehmen jeder Art und Größe sich bewusst werden, dass Customer Experience ein Werkzeug ist, mit dem ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil erzielt werden kann. Es ist ein ganzheitlicher strategischer Prozess, der die Business Performance erhöht, aber Manager im Gegenzug vor viele neue Aufgaben stellt.
Die Customer Experience kann eine Kombination aus rationalen, emotionalen, sensorischen, sozialen, physischen und geistigen Erfahrungen sein. Deswegen ist es wichtig, dass Manager ein adäquates Verständnis der Kundenerwartungen haben und die Rolle dieser und die der Organisation im Prozess der Kundenerfahrung klar definieren. Ebenso relevant ist das Wissen um alle indirekten und direkten Berührungspunkte zwischen den Kunden und dem Unternehmen. Nur so kannst Du die Kundenwahrnehmung in die gewünschte Richtung lenken.
Bei so vielen Gesichtspunkten kann man schnell den Überblick verlieren und sich in Strategien verrennen, die am Ende keine Vorteile bringen. Um das zu vermeiden, ist es empfehlenswert, in regelmäßigen Intervallen verschiedene Indikatoren zu messen, die sich auf die Wahrnehmung der Customer Experience auswirken. So prüfst Du nicht nur den Einfluss der Marketing-Strategie, sondern deckst auch Lücken auf, die eine einzigartige Customer Experience beeinträchtigen.
Fazit
Das Thema ist zwar noch ein kleines Mysterium, der bewusste Umgang damit ist aber sehr wichtig. Inwiefern berücksichtigst Du die Customer Experience? Welche Touchpoints bietest Du Deinen Kunden und wie kannst Du sie bewusster steuern? Welche Indikatoren der Kundenzufriedenheit misst und analysierst Du bereits? Vielleicht nutzt Du das neue Jahr, um die Customer Experience Deiner Kunden verstärkt ins Visier zu nehmen.