
Vorwort
Lucas Pulkert ist Geschäftsführer der stilfaser GmbH und betreibt mit Shopware seinen Onlineshop jungfeld.com. Dort vertreibt er mit seinem Team hochwertige Socken in knalligen Farben. Was seinen Shop besonders macht, ist allerdings die Tatsache, dass dort als Zahlungsart "bitcoin" angeboten wird. Warum dies der Fall ist und wie Lucas' Erfahrungen mit der Kryptowährung sind, hat er uns in einem Interview erzählt.
Hallo Lucas, Ihr seid Betreiber des Onlineshops jungfeld.com. Kannst Du Euch bitte einmal vorstellen?
„von Jungfeld“ ist die Marke für hochwertige Socken, Strümpfe, Boxershorts und bald vielleicht noch einiges mehr. Wir haben unser Unternehmen vor 4,5 Jahren in Mannheim gegründet. Inzwischen beliefern wir ca. 650 Retail-Verkaufsstellen in der D-A-CH-Region und betreiben unseren online-Store www.jungfeld.com mit Shopware.
In Eurem Shop vertreibt Ihr Socken. Was ist die Geschichte dahinter und was macht euren Shop besonders?
Manche sagen, den Trend zur bunten Socke gibt es schon ein Jahrzehnt, andere sagen, dass es sich nur um eine kurzfristige Modeerscheinung handelt. Richtig ist, dass bunte Socken schon seit 150 Jahren getragen werden. Vor allem in Großbritannien und Italien ist es eine echte Tradition. Wir haben unser Unternehmen gegründet, um Socken eine ebenso starke Bedeutung zu geben, wie es Anzüge, Hemden und Schuhe schon lange haben. So ist „von Jungfeld“ entstanden. Wir versuchen unseren Kunden, egal an welchem Point of Sale, immer die Verbindung zur Marke zu bieten. Unser Onlineshop ist sehr clean gehalten, der dafür aber die Produkte und die Marke umso mehr strahlen lässt. Durch verschiedene Anpassungen braucht es von der Startseite genau drei Klicks, um sich im PayPal Express Checkout zu befinden. Da ist die Größenwahl schon mit inbegriffen. Usability ist für uns also auch ein Thema.
Uns ist aufgefallen, dass Ihr im Onlineshop die Möglichkeit der „Bitcoin“-Zahlung anbietet. Warum habt Ihr euch für die Aufnahme einer Kryptowährung entschieden?
Wir sind ein junges, sehr tech-interessiertes Team. Mit Kryptowährungen haben wir uns privat schon seit einiger Zeit beschäftigt, wenn auch nicht früh genug. Was gerade passiert, ist hochspekulativ. Wir sind jedoch Freunde der dahinterstehenden Ideologie einer dezentralen Währung, und irgendwo muss es ja einmal anfangen, damit es nicht mehr heißt: „Mit Bitcoins kauft man sich doch nur Waffen und Drogen.“ Jetzt halt auch Socken.
Anders als bei den Standardzahlungsarten muss man bei Bitcoins doch sicher ständig auf Kursschwankungen achten. Wie sind da die technischen Voraussetzungen, damit man dies im Shop anbieten kann und wo holt Ihr die aktuellen Kurse her?
Wir nutzen aktuell ein Plugin mit einer direkten API zu Blockchain.info. Wird eine Bestellung getätigt, wird automatisch auf Basis des aktuellen Kurses die korrekte Summe in Bitcoins berechnet. Der Kunde sieht nun einen QR-Code, den er mit seiner Wallet abscannen kann. In den QR-Code ist der korrekte Preis bereits integriert. Sobald unser Wallet den Zahlungseingang registriert, wird die Bestellung freigeben. Alles vollautomatisch.
Heute bekommst Du einen Bitcoin eventuell für einen anderen Preis, als es morgen der Fall ist. Wie läuft dann eine Retour im Jungfeld-Shop? Bekommt der Kunde einen umgerechneten Kurs an Bitcoins zurück oder den zuvor bezahlten Betrag.
Retouren sind bei uns zum Glück ein seltenes Thema, sollte es jedoch bei einer Bitcoinzahlung vorkommen, handhaben wir es wie bei jeder anderen Währung auch: der Tageskurs ist ausschlaggebend.
Wenn eine Überweisung mit Bitcoins getätigt worden ist, lasst Ihr das Geld direkt in Euro umrechnen oder belasst Ihr es bei der Kryptowährung? Es kann ja gut möglich sein, dass die Bitcoins in einem Jahr schon den doppelten Wert haben.
Da es sich aktuell noch um eine überschaubare Anzahl an Bitcoin-Zahlungen handelt, lassen wir die Bitcoins aktuell noch auf dem Wallet liegen. Das ist jetzt sozusagen die Investment Sparte des Unternehmens.
Wie sieht es bei Euch persönlich aus? Habt Ihr schon mit Kryptowährungen eingekauft oder wie seid Ihr darauf aufmerksam geworden?
Ja, ich glaube wer zu einem so frühen Zeitpunkt Kryptowährungen als Zahlungsmittel in seinem Shop zulässt, handelt eher als Überzeugungstäter. Hier im Team ist ein kleines Kryptofieber ausgebrochen. Klar geht es auch darum, mal einen cleveren ICO (Initial Coin Offering) mitzumachen. Aber hauptsächlich sind wir von der Ideologie der Kryptowährungen und der Blockchain-Technologie begeistert. Wer sich damit beschäftigt, der wird feststellen, dass hier gerade ein echter technologischer Evolutionsschritt begangen wird. Das erste Mal ernsthaft habe ich mich auf Anraten meines Vaters mit Bitcoins beschäftigt, der hatte da einen ganz guten Riecher.
Hört man in den Medien das Wort Bitcoin, so ist dies häufig in einem negativen Zusammenhang mit Erpressungen oder Cyberkriminalität. Kann man mit einer digitalen Währung überhaupt seriöse Geschäfte abwickeln?
Definitiv, man kann damit Socken kaufen. Grundsätzlich eröffnet sich an dieser Frage eine lange Diskussion über Sicherheit und Freiheit. Da können beide Seiten nun schlaue Sätze von schlauen Menschen zitieren. Ohne das ganze Pathos ist Bitcoin eine Fiat Währung, deren Wert jedoch nicht zentral über Zentralbanken reguliert wird, sondern dezentral über Angebot und Nachfrage. Das macht sie auch so spekulativ, aber so ist das nun mal mit Angebot und Nachfrage. Die Blockchain-Technologie macht die Third-Trust-Party (beispielsweise Banken) überflüssig. Die Idee dezentraler Währungen ist nichts Neues und findet sich beispielsweise in der Wiener Schule der Volkswirtschaft wieder. Dass der Besitz von Bitcoins zu einem gewissen Grad anonym ist, ist auch nichts Neues, schließlich schreibe ich ja auch nicht auf jeden 10€ Schein meine Passnummer drauf.
Wir können uns vorstellen, dass Eure Kunden sehr skeptisch sind, was diese Zahlungsart angeht. Wie ist die allgemeine Akzeptanz und wie häufig nutzen Eure Kunden diese Zahlungsart?
Die Akzeptanz ist noch sehr gering. Zum einen sind Bitcoins noch viel weniger verbreitet, als es vielleicht den Anschein hat. Zum anderen glaube ich, dass die Leute, die Bitcoins halten, es aktuell noch mehr als Investment sehen, statt als Zahlungsmittel. Ich habe mir erst letzte Woche eine Pizza über einen bekannten Online-Lieferservice gekauft, das hat schneller funktioniert als ich Paypal sagen konnte.
Versteuerung ist allgemein kein einfaches Thema. Wird die ganze Thematik mit Kryptowährungen nicht noch komplizierter?
Ja das wird sie. Unserem Steuerbüro mussten wir das erst einmal ausführlich erklären. („Bit-te-was??!“). Aber am Ende gibt es für alles einen Weg.
Der Bitcoin ist nur eine von vielen Kryptowährungen. Wie steht Ihr zu den übrigen Bezahlmöglichkeiten und kann es sein, dass man in Eurem Shop bald auch mit „Ethereum“ bezahlen kann?
Es gibt inzwischen wirklich einen Haufen an unterschiedlichen Coins und niemand weiß genau, welche sich am Ende für e-Commerce-Geschäfte am besten eignen wird. Ethereum wäre vermutlich der nächste Kandidat. Aktuell wollen wir aber vor allem die Akzeptanz des Bitcoins erhöhen.
Experten sind bei dem Thema Kryptowährungen gespalten. Ein Teil sagt, dass der Kurs extrem steigen wird, andere prophezeien, dass die Blase irgendwann platzen wird. Wie ist Eure Einschätzung und wie bereitet man sich darauf vor?
Unternehmerisch ist der Anteil an Bitcoin-Zahlungen noch so gering, dass wir uns mit der zukünftigen Kursentwicklung nicht operativ beschäftigen. Persönlich bin ich der Meinung, dass es durchaus nochmal zu einem „Crash“ kommen kann. Dies wäre beim Bitcoin übrigens der sechste oder siebte Einbruch seit dem Release. Langfristig glaube ich aber eher an John McAfee’s Twitter Korrespondenz: „Bitcoin moves above $500.000 within three years“ Re: „so 1btc 500k $ within 3years?“ Re: „if not, I will eat my dick on national television.“ Da sehe ich hohe Fachkompetenz.
Als Onlineshop, der den Bitcoin als Zahlungsart anbietet, ist jungfeld.com einer der wenigen in Deutschland. Würdet Ihr sagen, dass andere Shopbetreiber jetzt reagieren sollten und wenn ja, warum?
Ein Onlineshop, der zu diesem Zeitpunkt Bitcoins als Zahlungsmittel integriert, macht das aus einem gewissen Sendungsbewusstsein heraus und weniger aus wirtschaftlichem Interesse. Drogen und Waffen würde ich da mal ausklammern. Wir haben uns privat dafür interessiert. Ich habe unseren Entwickler freitagnachmittags gefragt, ob er den Integrationsaufwand mal einschätzen könnte und samstagmorgens bekomme ich die Nachricht, dass er das noch schnell vor dem Frühstück integriert hat. Wie gesagt, aktuell geht es da bei uns mehr um den Spaß an der Sache.
Bildmaterial wurde zur Verfügung gestellt von der stilfaser GmbH